Das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft beschreibt ein Grundproblem der Soziologie. Sind die Handlungen von Menschen aus der gesellschaftlichen Struktur erklärbar? Oder lässt sich Gesellschaft nur durch die Handlungen der Subjekte verstehen? Peter L. Berger und Thomas Luckmann plädierten in den 1960er Jahren für eine dialektische Perspektive: „Gesellschaft ist ein menschliches Produkt. Gesellschaft ist eine objektive Wirklichkeit. Der Mensch ist ein gesellschaftliches Produkt.“  Unter dieser Prämisse untersuchten die US-amerikanischen Soziologen in einer tiefgründigen und doch eingängigen, stets vom ‚hier und jetzt‘ der Alltagswelt ausgehenden Analyse die gesellschaftlichen und kommunikativen Konstruktionsprozesse, durch die sich Subjekt und Gesellschaft wechselseitig begründen: Wie wird durch Sprache, Wissen und soziale Interaktion eine Alltagswelt als Wirklichkeit konstituiert? Wie entsteht durch Typisierung von Handlungen und Akteuren in Rollen und deren Institutionalisierung die objektive ‚fassbare‘ Wirklichkeit der Gesellschaft? Und schließlich, wie wird diese Gesellschaftsstruktur durch Prozesse der Sozialisation durch ein Individuum internalisiert und so als subjektive Wirklichkeit zur Basis von Handlung und Identität?